Grafikerin aus Sempach Station gestaltete Briefmarken zu Postautojubiläen
Am 7. März gelangen die Briefmarken zu den 100-Jahr-Jubiläen der ersten beiden Postauto-Bergstrecken in den Verkauf. Sie tragen die Handschrift der Grafikerin Judith Kurmann aus Sempach Station.
Judith Kurmann staunte nicht schlecht, als sie im Juni vergangenen Jahres von der Schweizerischen Post AG die Anfrage erhielt, ob sie Interesse an der Gestaltung zweier Briefmarken für die 100-Jahr-Jubiläen der ersten Postauto-Bergstrecken Chur–Laax und Brig–Domodossola erhielt. «Ich dachte zuerst, jetzt werde ich hereingelegt», erinnert sich die 43-jährige gelernte Typografin, die in Sempach Station wohnt und ihr eigenes Unternehmen für Grafik und visuelle Kommunikation namens «bleifrei grafik gmbh» führt. Ihre Nachfrage, wie der Anrufer ausgerechnet auf sie gekommen sei, förderte zutage, dass man via Google auf «bleifrei grafik» gestossen sei und am Stil der dort entstandenen grafischen Arbeiten Gefallen gefunden habe.
Als dann einen Tag später eine Mail mit der Einladung zu einem Briefing in Bern eintrudelte, wurde für Judith Kurmann allmählich klar, dass die Sache ernst gemeint war. An diesem Briefing gab man ihr relativ konkrete Vorstellungen mit auf den Weg, was auf den Briefmarken über die beiden jubilierenden Postautolinien zu sehen sein sollte. Danach hatte sie vier Wochen Zeit, ein Kurzkonzept und einen Gestaltungsvorschlag einzureichen.
Ernüchterung am Anfang
Bereits nach zwei Wochen schickte Judith Kurmann – «voller Vorfreude», wie sie sagt – die ersten Vorschläge nach Bern, «um zu sondieren, ob die Richtung stimmt». Die Mail-Antwort war dann allerdings ernüchternd: Die Grundidee sei zwar nicht schlecht, aber das Ganze komme zu collagenhaft daher, liess man sie wissen. «Da ich von meiner Idee überzeugt war, war ich von diesem ersten Feedback sehr enttäuscht», nimmt die Grafikerin kein Blatt vor den Mund. Sie liess sich indessen von dem Dämpfer nicht unterkriegen und überarbeitete den ersten Wurf leicht, ohne ihrer Grundidee untreu zu werden. Es war noch eine zweite Überarbeitung nötig – mit dem Resultat, dass die Entwürfe am Ende gar nicht so weit vom ersten Vorschlag entfernt waren.
Umso grösser war dann die Überraschung bei Judith Kurmann, als die Wettbewerbsjury ihre Entwürfe auf den Schild hob. Nun ging es an die Ausarbeitung der Details, wobei sich insbesondere die Bildrechte als heikel erwiesen. So verbrachte Judith Kurmann im Sommer fast jedes Wochenende zusammen mit ihrem Partner im Bündnerland und Wallis, um entlang der Postautolinien persönlich diverse Details, Gebäude und auch die eingesetzten Fahrzeuge fotografisch festzuhalten. «Ich hatte vorher keine Ahnung von Postautos. Heute sehe ich nur noch gelbe Busse», sagt die Briefmarkengestalterin mit einem Schmunzeln. So musste sie unter anderem darauf achten, dass von den Marken Vertreter jener Postautotypen grüssen, die auf den beiden Linien auch tatsächlich im Einsatz stehen. Auch mit Unvorhergesehenem galt es klarzukommen – als etwa die Sicht auf das Simplon-Hospiz durch einen Baukran verstellt war.
Kleinformat war Neuland
Am Computer-Bildschirm gestaltete Judith Kurmann die Briefmarkenmotive im A4-Format. «Die grösste Herausforderung war, dass die Sujets auch in Briefmarkengrösse gute Figur machen», lässt sie durchblicken. Das Kleinformat war für sie nämlich bislang Neuland, befasste sie sich doch vor allem mit Firmenlogos, Imagebroschüren, Werbedrucksachen, Beschriftungen und Webauftritten. Dafür, dass sie diese Herausforderung mit Bravour meisterte, war nicht zuletzt das klare Konzept verantwortlich, das den begrenzten Platz auf der Briefmarke zwar aus-, aber nicht überfüllt: Den Hintergrund bilden das Bündner und Walliser Kantonswappen. Während die Ansichten von Chur und Simplon-Hospiz im historisierenden Sepia-Druck auf die 100 Jahre Bezug nehmen, stellen die farbig gedruckten modernen Postautos als Kontrast die Verbindung zur Gegenwart her. Zum Auftrag gehörte neben den am 7. März in den Verkauf gelangenden 85er- und 100er-Marken, die in 20er-Bögen und natürlich einzeln erhältlich sind, auch die Gestaltung des Ersttagscouverts mit dem Bild eines historischen Postautos. «Auch hier bildeten die Bildrechte wieder die höchste Hürde», gibt Judith Kurmann zu Protokoll. Fündig wurde sie schliesslich im Berner Museum für Kommunikation.
Autogramm steht links unten
Neben den zahlreichen positiven Reaktionen aus ihrem Bekanntenkreis freut sich Judith Kurmann auch darüber, dass nun ihr Name die kleinen Kunstwerke links unten ziert: «Das ist eine sehr schöne Referenz für mein grafisches Schaffen.» Eine Preissumme erhielt die Schöpferin der Marken nicht, dafür vergütete ihr die Post die Aufwendungen für das Ausarbeiten und Überarbeiten der Entwürfe. «Es ging mir ja nicht in erster Linie ums Geld, sondern um die neuen Erfahrungen, die ich mit diesem Projekt machen konnte», so Judith Kurmann. So würde sie sich denn auch freuen, wenn sie die Post wieder einmal anfragen würde, an einem Wettbewerb zur Gestaltung von Briefmarken teilzunehmen.