Redaktor Daniel Zumbühl und Soorser-Bier-Geschäftsführerin Karin Wagemann schütten das geschrotete Gerstenmalz in die Maischepfanne. Foto Fabian Zumbühl
Redaktor Daniel Zumbühl und Soorser-Bier-Geschäftsführerin Karin Wagemann schütten das geschrotete Gerstenmalz in die Maischepfanne. Foto Fabian Zumbühl
27.07.2018

Gut Bier will Weile – und Mühe – haben!

Gutes Bier zu brauen ist eine Kunst – und ein Handwerk, das viel Zeit erfordert. Dass es auch mit schweisstreibender Arbeit verbunden ist, erfuhr «Surseer Woche»-Redaktor Daniel Zumbühl bei der Soorser Bier AG am eigenen Leib.

Bier ist eines der ältesten Getränke der Kulturgeschichte. Schon die alten Ägypter reichten den Arbeitern auf den Baustellen der Pyramiden von Gizeh Bier zur Stärkung. Im Zuge der Craft-Beer-Bewegung hat die Schweiz mittlerweile die grösste Brauereidichte – gemessen an der Bevölkerung – weltweit. Da ich die handwerklich gebrauten Biere verschiedener Stilrichtungen mag, stand mein Wunsch, einmal beim Brauen mit Hand anlegen zu dürfen, schnell fest. Und wozu in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt? Karin Wagemann, Geschäftsführerin der Soorser Bier AG, Diplom-Biersommelière und momentan daran, den «Master of Beer» zu erwerben, sagte sofort zu, mit dabei zu sein, als sie Diplombraumeister An­dreas Quendt am vergangenen Dienstag in die Geheimnisse der 1000-Liter-Brauanlage einweihte. Auf dem Programm stand der 158. Sud seit der Betriebsaufnahme der Brauerei im Frühling 2016, eine weitere Charge des preisgekrönten Standardbiers «Soo. echt».

Nur nicht die Finger verbrennen!
Um 7.30 Uhr heisst es für Karin Wagemann und mich antraben an der Surseer Kornfeldstrasse 1a. Andreas Quendt gibt beim «Briefing» gleich den Tarif durch: «Ihr macht nur, was ich euch sage. Und passt auf die Leitungen auf, die sind höllisch heiss!» Zur Bekräftigung weist er auf eine Brandverletzung hin, die er sich vor Kurzem am Arm zugezogen hat. Dann gehts los mit der Arbeit, und diese erweist sich gleich zu Beginn als schweisstreibend: Dem auf 63 Grad Celsius erhitzten, vorgängig enthärteten Brauwasser in der Maischepfanne gilt es 180 Kilogramm Gerstenmalz der drei Sorten Pilsner, Münchner und Karamell beizugeben, das – bereits geschrotet – aus 25-Kilo-Säcken durch die Luke zu bugsieren ist. Und zwar nicht ruckartig, sondern schön langsam, um die Klumpenbildung zu vermeiden.

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Während die Maische danach eine Stunde ruht, derweil sie das Rührwerk vor dem Anbrennen bewahrt, räumt Andreas Quendt gleich mit dem Gedanken der Craft-Beer-Romantik auf: «Die kommt nur beim allerersten Sud auf. Danach ist es auch in einer kleinen Brauerei ein Geschäft wie andernorts. So ist es das primäre Ziel der Soorser Bier AG, gutes, normales Bier zu verkaufen. Zwischendurch wollen wir aber auch mal etwas ganz Verrücktes machen.» Wie beispielsweise das dritte Kind der «Soo. kreativ»-Reihe, das neue Saisonbier «Pink Rhabarbara» mit Rhabarber und Randensaft, das Karin Wagemann und ich in einer Pause verkosten dürfen. Und vorzüglich schmeckt.

VW Käfer unter den Brauanlagen
Bei der Soorser Bier AG geht der Brauprozess ohne den Kollegen Computer vonstatten – es herrscht reine Handarbeit. «Das ist quasi der VW Käfer unter den Brauanlagen», bringt es An­dreas Quendt auf den Punkt, während sich langsam der leicht süssliche Duft eingemaischten Gerstenmalzes breit macht, den ich bei jeder Besichtigung einer Brauerei oder Whisky-Destillerie so liebe.
Wartezeiten während des Brauprozesses sind keine unproduktiven Zeiten. «Es gibt immer etwas zu tun», betont der Braumeister. So darf ich ihm beim Schroten des Malzes und der (einheimischen) Rohgerste für das am Donnerstag zu brauende «Soo. deheime» mit der Malzmühle helfen. Neben der Vielfalt der Tätigkeiten ist es das Zusammenspiel von Physik, Chemie, Biologie und körperlicher Arbeit, das den Beruf des Brauers für Andreas Quendt so interessant macht. Als Absolvent der renommierten Brauer-Uni Weihenstephan bei München kennt er die Hintergründe und Zusammenhänge aus dem Effeff und gibt sie regelmässig auch an die Besucher der Braukurse weiter, welche die Soorser Bier AG anbietet.

Pfadi-Lager sorgt für Rekord
Momentan herrscht in ihrer Brauerei Hochbetrieb. «Zwölf Sude hatten wir diesen Monat – das ist Rekord», sagt der Braumeister nicht ohne Stolz. Das war auch nötig, denn mit dem Kauf von 45 Fass Bier auf einen Schlag sorgte das Pfadi-Kantonslager in Escholzmatt vergangene Woche für die bisher grösste Abnahme. «Jetzt sind wir ziemlich ausgeschossen», meint Andreas Quendt – und leitet deshalb unverzüglich über zum Vorgang des Abläuterns im Läuterbottich, bei dem die flüssigen von den festen Stoffen der Maische getrennt werden. Dies geschieht bei einer Temperatur von 78 Grad Celsius. Um noch mehr Zucker aus dem Treber herauszuholen, wird dieser drei Mal ausgewaschen – in der Brauer-Fachsprache heisst das «Anschwänzen».

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Der Genuss kommt zum Schluss
Dann ist es Zeit für das Umpumpen der «Würze» genannten Zuckerlösung in die vorgeheizte Maischepfanne, die nun als Würzepfanne dient. Bei diesem Vorgang bestimmt Andreas Quendt die Zuckerkonzentration der Würze mit dem Spindel, der vergleichbar ist mit dem Refraktometer des Winzers. Die Stammwürze beträgt 17,1 Grad Plato – alles paletti! Nach drei Nachgüssen ist es dann so weit: Die erste der drei Hopfengaben erfolgt um 12.11 Uhr. «Hopfen ist die teuerste Zutat, dafür braucht es verhältnismässig wenig davon, wie bei einem Gewürz», lässt Andreas Quendt durchblicken. Zwei der Hopfengaben sorgen für die Bittere, die dritte bringt das Aroma ins Bier.

Während die Würze bei 99 Grad Celsius am Kochen ist, blüht Karin Wagemann und mir die schweisstreibende Knochenarbeit des «Austreberns». Mittels Zentrifugalkraft des Rührwerks und eines von Hand geführten Rechens muss der Läuterbottich vom Treber befreit, mit Wasser gereinigt und so für den nächsten Sud fit gemacht werden. Der Treber kommt später zu einem Bauern, der damit seine Kobe-Rinder füttert. Im nächsten Schritt zieht der Whirlpool die restlichen Feststoffe und Eiweisse aus der Würze, die sich in der Mitte als «Trubkegel» absetzen. Nun ist die Würze bereit zum Umpumpen in den Gärtank, wo ihr nach der Abkühlung auf rund 20 Grad Celsius die Hefe verabreicht wird, die den Zucker in Alkohol und Kohlensäure umwandelt. Der Gärprozess dauert rund fünf Tage, und nach drei bis vier Wochen Zeit im Lagertank ist das Bier von Sud Nr. 158 reif für den Verkauf und den Genuss.
Apropos Genuss: Als der Mühe Lohn dürfen Karin Wagemann, Andreas Quendt und ich als Feierabendtrunk direkt ab dem Lagertank noch von jenem «Soo. magisch» probieren, das am Folgetag in Flaschen abgefüllt wird. Es schmeckt am Ort seiner Entstehung besonders köstlich.

Daniel Zumbühl

Nach getaner Arbeit für den «Suwo-Sud» Nr. 158 prosten sich Braumeister Andreas Quendt und Redaktor Daniel Zumbühl mit einem «Soo. magisch» direkt aus dem Lagertank zu. Foto Karin Wagemann


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