In Sursee kommt Speck von vorgestern auf den Tisch
Anlässlich seines 40-Jahr-Jubiläums wagt sich das Somehuus an eine weitere Eigenproduktion. Mitte August 2019 hat das Theater «Späck vo vorgeschter» Premiere. Jeweils 30 Zuschauer können an fünf Schauplätzen Surseer Geschichten aus vier Jahrhunderten erleben.
Vor bald 40 Jahren, 1979, gründete ein Dutzend kulturinteressierte junge Leute den Verein Somehuus. Der Surseer Architekt Werner R. Hess erwarb damals jenes Haus an der Harnischgasse in der Surseer Altstadt, das der Drogerie Beck als Samenmagazin diente – der Name des Kleintheaters stammt also vom ehemaligen Nutzungszweck des Gebäudes. 2019 soll nun das 40-Jahr-Jubiläum gebührend gefeiert werden. Dies einerseits mit einem Jubi-Weekend am 10. und 11. Mai, wie an der Informationsveranstaltung vom vergangenen Samstag zu erfahren war. Am Freitag gastiert der bekannte Zauberer Alex Porter, und am Samstag steigen ein Familiennachmittag und ein Gratiskonzert.
Als sich Autos im Städtli stauten
Einen weiteren Höhepunkt bildet die neue Eigenproduktion im Spätsommer. Schon im Frühling 2016 habe sie erstmals mit Bernadette Schürmann, die schon bei diversen Somehuus-Produktionen Regie geführt habe, über das Projekt gesprochen, verriet Somehuus-Präsidentin Lisa Birrer. Als Autoren konnten Ueli Blum und Georges Müller gewonnen werden, und seither fanden zahlreiche Recherchen und Gespräche statt. Das Konzept sieht vor, dass zu den drei Startzeiten 19.30, 20 und 20.30 Uhr bei jedem Wetter je eine Gruppe von 30 Zuschauern – von einem der insgesamt 30 Schauspieler geführt – beim Somehuus losmarschiert und an fünf Stationen jeweils eine viertelstündige Szene aus vier Jahrhunderten Surseer Geschichte miterlebt. Die erste Station ist das Untertor. Unter dem Motto «Autostrada del sol» wird der Nord–Süd-Verkehr thematisiert, der sich in den Sechzigerjahren mitten durch Sursee zwängte und so manchen Stau verursachte. Dort treffen die Durchreisenden aufeinander und erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichten. Auch die legendäre «wöud Marie» vom benachbarten Wirtshaus wird in einer Rolle wieder auferstehen.
Oberschicht kriegt ihr Fett weg
Die zweite Station ist der Äbtesaal im Sankturbahnhof, wo zwei Mägde über den Klerus und die Obrigkeit tratschen. «Die damalige Surseer Oberschicht geschäftete genial, hielt sich aus allen Querelen ihrer Zeit heraus und lebte wie die Maden im Speck, was die bis heute erhaltenen Aufzeichnungen über ein üppiges Festmahl belegen», brachte der Autor dieser Szene, Georges Müller, auf den Punkt, was letztlich zum (Arbeits-)Titel des Theaters, «Späck vo vorgeschter», führte. Müllers Familie war übrigens die letzte, die im Sankturbanhof wohnte – seine Mutter war eine Schnyder von Wartensee.
Das ist das Stichwort für die dritte Station auf dem Althushof der Familie Schnyder. Dort steht die Arztfamilie Köpfli im Mittelpunkt, die 1831 nach Amerika auswanderte. Die Zuschauer erleben, wie die Familie den Hausrat packt und das Familienoberhaupt Kaspar Köpfli eine flammende Abschiedsrede an die Adresse der Surseer hält. Weiter gehts in den privaten Garten des Beckenhofs, wo man Zeuge der Annäherung der zwei «verletzlichen Seelen» Franz Xaver Beck und Marie Leu um 1850 wird, die in zahlreichen Liebesbriefen dokumentiert ist. Live-Musik soll diese romantische Szene umrahmen.
Hexenprozesse wühlen auf
Gar nicht mehr romantisch gehts an der fünften und letzten Station beim Diebenturm zu und her, denn dort werden die vielen Hexenprozesse in Sursee aufs Tapet gebracht. Unter anderen wirken zwei Richter und die Sängerinnen des Frauenchors «Donne Cantabile» mit, welche die der Hexerei angeklagten Frauen darstellen. Der Kreis schliesst sich wieder beim Startort Somehuus, wo allenfalls eine weitere Gestalt auftreten und die grübelnden Gedanken an die düstere Zeit der Hexenverfolgungen vertreiben wird. Vor und nach der etwa zweistündigen Theatertour können sich die Teilnehmer im und vor dem Somehuus im von Malass Schwerzmann, der Tochter der «wöude Marie», geführten Beizli verköstigen. Gut möglich ist gemäss Birrer, dass unterwegs noch weitere Gestalten auftauchen.
Oltner Theaterfrau führt Regie
Premiere hat die Eigenproduktion am 15. August 2019. Gespielt wird jeweils am Donnerstag, Freitag und Samstag bis zur Derniere am 27. September, mit Ausnahme der Samstage, an denen die New Orleans Night und die Soorser Änderig stattfinden. Nachdem Bernadette Schürmann aus gesundheitlichen Gründen die Regie kurzfristig abgeben musste, konnte in der Person der erfahrenen freischaffenden Theaterfrau Käthi Vögeli aus Olten eine neue Regisseurin gefunden werden, die sich auf Anhieb für die Inszenierung dieses Theaters begeistern konnte und nun das Projekt mit Herzblut vorantreibt. Und auch die Kostüme sind bei Barbara Medici, Gewandmeisterin mit langjähriger Theatererfahrung in besten Händen.