Alice Wey war die erste und bisher einzige Grossratspräsidentin der Region
16 Jahre lang sass Alice Wey für die Liberalen Rickenbach im Grossen Rat. Die 82-Jährige staunt noch heute, blickt zurück und stellt fest: «Wir Frauen haben zusammengehalten.» Zu den Wahlen in den Kantonsrat möchte sie keine Prognose abgeben.
Ein Klavier, der «Michelsämter» und ein geöffneter Atlas fallen in der Stube von Alice Wey auf. Diese drei Dinge charakterisieren sie. Musisch ist die Gründerin und frühere Leiterin der Musikschule Michelsamt noch immer. Die Lokalzeitung deckt das Interesse am gesellschaftlichen und politischen Leben ab. Und die geöffnete Karte von Senegal, wo sich eine ihrer Töchter gerade aufhält, zeigt ihre weltoffene Seite.
Die Wahl dank des Ehemanns
1979, acht Jahre nach Erlangung des Frauenstimmrechts, wählte das Amt Sursee Alice Wey in den Grossen Rat. Die Wahl habe sie der Bekanntheit ihres Mannes zu verdanken, erzählt die mit 23 Jahren verheiratete Alice Heini mit Jahrgang 1936. Alfons Wey entstammte dem «Löwen» in Rickenbach, einer Hochburg der Luzerner Liberalen. Dorthin zügelte die Stadtluzernerin.
Im Elternhaus war Politik Thema, aber schon ihr Vater sass im Luzerner Grossstadtrat und wies der Tochter den Weg in die Politik. Zwei Mädchen und ein Bub zog Alice Wey auf. Bevor die Kinder in die Primarschule gingen, trat sie in die Schulpflege ein. Die KV-Absolventin begründete eine regionale Musikschule. Auch ein Vorläufer der Spitex und der Anfang des Frauenturnvereins entstammen ihrer Tatkraft.
«Einmal eine Frau portieren»
Die Ortspartei klopfte vor den Wahlen 1979 bei ihr an. «Sie hatte die Idee, einmal eine Frau zu portieren», blickt sie lakonisch zurück. Die Erfahrung eines Wahlkampfes wollte sie sich nicht entgehen lassen, und so tauchte sie auf der Liste der Liberalen auf. «Nie erwartet» hat sie die Wahl. Ihre damalige Motivation war barmherzig: «Ich will denen helfen, die sich nicht selber helfen können.»
Im Parlament traf sie auf etwas mehr als ein Dutzend Frauen im 170-köpfigen Grossen Rat. Die Frauen solidarisierten sich – parteiübergreifend. «Wir Frauen haben zusammengehalten», beschreibt es Alice Wey. Nur die Poch sei damals ausgeflippt, habe aber etwas bewirkt, anerkennt sie.
Akribisch bereitete sich Alice Wey auf die Geschäfte und Sitzungen im Grossen Rat vor. Den Veloweg von Rickenbach nach Beromünster brachte sie durch. Ansonsten beschäftigte sie sich mit sozialen, pädagogischen und frauenrechtlichen Fragen. Auch der Anstoss für eine Schule für Hauswirtschaft hatte Erfolg und entlastete die Bäuerinnenschule in Sursee. «Ich versuchte immer, zusammen etwas zu bewirken, so dass jemand profitiert.»
1991 war die Krönung
Die Krönung ihrer politischen Karriere kam im Jubiläumsjahr 1991. Alice Wey wurde die zweite Grossratspräsidentin des Kantons, als erste und bis heute einzige Frau aus dem Wahlkreis Sursee, die dieses Amt bekleidete. «Ich staune noch heute, dass mir das gelungen ist», bleibt sie ihrem bescheidenen Charakter treu. Sie erlebte «ein unglaublich spannendes Jahr.»
Kontakte in der ganzen Schweiz zusammen mit Schultheiss Klaus Fellmann schätzte sie sehr.
Grossratspräsidentin Wey blieb nahbar, aber auch bestimmt. «Ich bin Präsidentin und sage, wo es durch geht.» So gewährte sie entgegen dem Rat des Staatsschreibers einer frisch gewählten Richterin eine kurze Dankesrede. Sie meint rückblickend: «Ich wollte unbedingt, dass der Ratsbetrieb korrekt abläuft, was mir gelungen ist.» Ihr Nachfolger wurde Franz Wicki.
Die Sicht der Frauen
Nach dem Präsidium wollte Alice Wey der Politik den Rücken kehren, denn «ein solches Jubiläumsjahr kann man nicht toppen». Sie blieb weitere vier Jahre, weil die liberalen Frauen im Amt keine Kandidatin gefunden hatten. «Es ist wichtig, dass Frauen gewählt werden, denn sie bringen eine ganz andere Sicht in die Politik», ist sie überzeugt.
16 lange Jahre war sie Grossrätin. «Eine spannende Zeit, in der ich viel gelernt habe.»
«Ich panaschiere»
Für Politik interessiert sich Alice Wey, die nach dem Tod ihres zwölf Jahre älteren Mannes vor neun Jahren wieder nach Luzern gezogen ist, immer noch. «Ich muss mich aber nicht mehr einmischen.» So möchte sie auch keine Prognose für die Kantonsratswahlen vom 31. März abgeben, verrät aber: «Ich panaschiere.»
Ihr politisches Credo fasst Alice Wey zusammen: «Ich wollte der Sache dienen, den Schülern und den Frauen, und nicht mich profilieren.» Einen Wunsch oder einen Rat an alle Frauen gibt sie noch mit: «Kandidiert, auch wenn ihr denkt, es reicht nicht. Eine Kandidatur ist eine Erfahrung für das ganze Leben.»