Ein Jäger von der Jagdgesellschaft Neudorf ist auf der Jagd im Lindenwald in Neudorf. Foto: keystone/Alexandra Wey
Ein Jäger von der Jagdgesellschaft Neudorf ist auf der Jagd im Lindenwald in Neudorf. Foto: keystone/Alexandra Wey
14.10.2018

«Die Jagd ist auch Ernte und entschädigt»

Jagen ist mehr, als Tiere schiessen, betont Philipp Amrein von der kantonalen Jagdverwaltung. Er erinnert daran, welche Vorteile die Revierjagd hat.

Philipp Amrein, Sie sind Fachbereichsleiter Jagd und Fischerei. Was sind die Gemeinsamkeiten?
Vor allem der Kundenkontakt. Ich habe immer mit vielen verschiedenen Leuten zu tun. Bei der Jagd und bei der Fischerei geht es immer um die nachhaltige Nutzung einer Ressource in der Natur.

Diese sogenannte Ressource nutzen aber nicht Sie, sondern Sie schauen, dass sie richtig genutzt wird.
Genau. Unsere Kunden nutzen diese Ressource. Die Fischerei und die Jagd sind sogenannte Staatsregale. Der Staat verleiht das Recht zur Nutzung. Das überwachen wir und schauen, dass diese Nutzung zeitgemäss und situationsgemäss den Ansprüchen der heutigen Zeit entspricht.

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Ist dieses System richtig?
Ja, es wird nicht angezweifelt. Im Gegenteil. Die Jagd voll dem Kanton zu übergeben wurde vor kurzem im Kanton Zürich mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Man will die Bevölkerung an der Jagd teilnehmen lassen.

Um auf die Jagd gehen zu können, müssen Interessierte die Jagdprüfung absolvieren. Haben Sie sie auch bestanden?
Ja, vor vielen Jahren. Das war etwas vom Besten, das mir in meinem Leben passieren konnte. Es ist eine sehr intensive, anspruchsvolle Ausbildung, die einem aber auch belohnt. Der Gegenwert ist enorm gross.

Gab es in den vergangenen Jahren Änderungen im Inhalt der Jagdprüfungen?
Ja – laufend, weil sich die Voraussetzungen und Bedingungen ändern. Das Wichtigste aber bleibt: der Umgang mit Waffen, so dass Unfälle vermieden werden können. Zudem müssen Jäger die Biologie der Wildtiere und die ökologischen Zusammenhänge kennen, damit sie wissen, wie und weshalb sie in die Natur eingreifen.

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Sie meinen Hege und Pflege.
Ja. Der Jäger hat mehrere Aufgaben und ist nicht nur wie momentan auf der Herbstjagd unterwegs. Hege und Pflege erfolgen ehrenamtlich und ganzjährig. Die Jagd selber ist ein wichtiger Bestandteil der Hege. Sie ist aber auch Ernte und entschädigt den Jäger ein bisschen für den ganzen Aufwand mit einem hundertprozentigen Bioprodukt der Natur.

Wann waren Sie das letzte Mal auf der Jagd?
Noch vor den Sommerferien. Das nächste Mal gehe ich am Donnerstag in Flüehli auf die Rehwildjagd.

Welche Neuerungen bringt das revidierte Jagdgesetz?
Die Jagdgesellschaften müssen neu in einer Vereinsform und nicht mehr als einfache Gesellschaft auftreten. Das hat grosse Vorteile. Bei einem Wildschaden haftet neu nur noch maximal das Vereinsvermögen. Bis anhin haftete bei Wildschäden jedes Mitglied mit Haus, Hof, Kind und Kegel, was eine wesentliche Entlastung des Jägers ist. Die Umwandlung zwingt uns in der Jagdverwaltung, alle Pachtverträge umzuschreiben und zu erneuern. Neu wurde die kantonale Wildhut mit Ordnungsbussenkompetenz ausgestattet.

Warum hat der Kanton Luzern das Revierjagdsystem?
Die Revierjagd hat sich bewährt. In den dreissiger Jahren war die Abstimmung über den Wechsel vom Patent- zum Reviersystem. Das brachte dem Kanton viele Erleichterungen hinsichtlich der Aufgabenverteilung. Im Revierjagdsystem erledigen Jäger ehrenamtlich Aufgaben, die sie mit der Revierpacht übernehmen. Sonst müssten das staatliche Wildhüter leisten, was für den Kanton finanzielle Mehrkosten bedeuten würde. Das Parlament hat das neue Jagdgesetz übrigens einstimmig mit dem Reviersystem angenommen. Das ist ein Vertrauensbeweis gegenüber den Jägern und der Verwaltung. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Es gibt aber immer wieder Kritik an der Jagd. Was sagen Sie solchen Stimmen?
Kritiker haben ihre Daseinsberechtigung. Jede Medaille hat zwei Seiten. Es ist unsere Aufgabe, Kritik anzuhören. Ich nehme mir gerne Zeit, die Aufgabe der Jagd zu erklären. Jagd ist primär Arbeit während des Jahres in der Natur, schiessen nur ein kleiner Teil davon.

Und Vegetariern?
Die haben das Recht, so zu denken und zu handeln, so wie ich das Recht habe, ein Stück hundertprozentiges Naturprodukt zu geniessen, das frei von jeder Chemie und in der Region entstanden ist. In welcher Form haben Sie das Reh am liebsten? Es gibt verschiedene Formen. In der Wildbahn sehe ich gerne gesunde und vitale Tiere. Auf dem Teller habe ich gerne ein gutes Produkt von einem Stück Wild in Form eines Pfeffers oder eines Rückens. Aus jedem Teil Fleisch kann man etwas Gutes machen. Entscheidend ist aber, dass es ein hundertprozentiges Naturprodukt ist.

Wie viele Tiere werden im Kanton Luzern jährlich geschossen?
Wenn alles zusammengezählt wird – Reh, Rotwild, Marder, Dachs, Füchse usw. – liegt die Jagdstrecke bei ca. 6000 Tieren. Die uns bekannte Fallwildstrecke beträgt im Kanton Luzern ca. 1400 Tiere.

Viele sehen den Wolf nicht als Gast, sondern als Eindringling. Ist ein Abschuss im Kanton Luzern kein Thema?
Nein, die Schäden sind in einem kleinen Rahmen. Für jeden Direktbetroffenen tut das weh. Im gesamten sind die Schäden jedoch gering, ein Eingriff rechtfertigt sich nicht.

Hat der Kanton Luzern genügend Jäger?
Ja, wir können den jagdlichen Auftrag erfüllen. Wir haben ca. 1800 Jägerinnen und Jäger, wobei der Frauenanteil bei rund 4 bis 5 Prozent liegt.

Und in Sachen Nachwuchs ist alles in Ordnung?
Ja, jedes Jahr haben wir gegen 50 Jagdlehrgänger. Darunter sind im aktuellen Jagdlehrgang sieben Frauen. Das Interesse ist nach wie vor gross.


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