Giebelbilder geben Einblick in die Geschichte
Die Bannerträger von Sursee und Sempach sowie die Schlacht von 1386 sind Sujets der berühmten Giebelbilder der Kapellbrücke Luzern. Ein kürzlich erschienenes Buch der beiden Emmer Heinz Schürmann und Klemens Vogel präsentiert auf 160 Seiten die Geschichte von Stadt und Kanton Luzern sowie der jungen Eidgenossenschaft.
leich drei Tafeln der berühmten Giebelbilder von Luzerns wichtigstem Wahrzeichen haben Orte am oder nahe des Sempachersees zum Inhalt. Die im Lauf ihrer Geschichte rund achtmal (!) restaurierten und übermalten Originalbilder wurden jedoch beim katastrophalen Brückenbrand vom 17. auf den 18. August 1993 zerstört, leben aber als Fotoreproduktionen und als Replikate weiter. Grundlage für die Buch-Neuerscheinung sind 76 Replikate von Originalgemälden aus der Reihe von Jost Schumacher, der in den Jahren 2002 bis 2007 sämtliche 146 Tafelbilder aller drei Zyklen reproduzieren liess – gedacht als Geschenk an die Stadt Luzern. Gestützt auf Stellungnahmen von Kommissionen der Denkmalpflege entschied aber der Stadtrat, keine Nachbildungen in den Giebel-Dreiecken der Brücke zu platzieren. Und deshalb sind heute auf der Kapellbrücke von diesem Hauptzyklus (je nach den beiden Brückeneingängen) nur noch wenige Bilder zu sehen, und ein recht grosser Teil davon ist in einem schlechten und somit schwierig «lesbaren» Zustand.
Bedeutender Etappenort
Die Tafel 12 trägt im neu erschienenen Buch den Titel «Bannerträger von Sursee mit seiner Stadt». Im folgenden Lead-Text dieser Doppelseite 28/29 ist zu lesen: «Von den Grafen von Kyburg gegründet, gelangte Sursee 1278 an die Habsburger und 1415 an Luzern. Im Spätmittelalter bildete sich Sursee zum bedeutenden Etappen- und Marktort an der alten Gotthardroute aus sowie zum Verwaltungsort mächtiger Klöster.» Der Bannerträger mit dem Wappen von Sursee in Rot und Weiss (Farben der Kyburger) steht stolz vor seiner Stadt. Gut zu erkennen sind Obertor, Pfarrkirche, Murihof, Hintertor und St. Urbanhof. St. Georg, Stadtpatron von Sursee, ist bei exaktem Betrachten auf dem Dreieck-Bild links im Vordergrund zu sehen, wie er hoch zu Ross und sich mit einem grossen Schild schützend einen fauchenden, geflügelten Drachen angreift.
Gepanzerter Fähnrich
Die gleich folgende Tafel 13 «Bannerträger von Sempach mit seiner Stadt» zeigt einen gepanzerten Fähnrich mit rotem Löwenbanner vor seinem rundum ummauerten und gut gesicherten Landstädtchen stehen, das 1386 nach der Schlacht von Sempach in den Luzerner Stadtstaat aufgenommen wurde. Gut zu erkennen sind im Bild-Mittelgrund das Luzernertor und das Surseertor sowie die bereits damals imposante Kirche der Stadt. Sempach war einst durch die Habsburger gegründet worden.
Die Legende vom Winkelried
Die Tafel 44, eine der markantesten des Zyklus, trägt den Titel «Schlacht bei Sempach, 9. Juli 1386». Und der folgende Leadtext liefert die Bild-Erklärung in kurzen Worten: «Vor der Stadt Sempach trifft das kleine eidgenössische Heer von links mit den Fahnen der vier Waldstätte auf das übermächtige habsburgisch-österreichische Reiterheer Herzog Leopolds. Dieses wendet sich schon zur Flucht, denn Arnold Winkelried hat seinen Mitkämpfern bereits heldenhaft Bahn gebrochen.» Der interessierte Leser erfährt aus dem Text im Schlussteil, dass die Eidgenossen mit ihren Halbarten zu Beginn des Gefechts gegen die bedeutend längeren Spiesse der Habsburger, die auch zahlenmässig klar im Vorteil waren, kaum eine Chance hatten. Und interessant auch die Auflistung einiger gegnerischer Banner: Tirol, Markgrafen von Baden, Herren von Hasenburg, von Schaffhausen, Breisgau, Lenzburg und Mellingen …
Ein offenes Geschichtsbuch
So bewahrheiten gerade diese Tafeln zu Sursee und Sempach, was die Autoren auf der Buch-Rückseite besonders hervorgehoben haben: «Die Bildtafeln der weltberühmten Kapellbrücke Luzern sind ein hoch interessantes «offenes Geschichtsbuch», in Auftrag gegeben zu Beginn des 17. Jahrhunderts vom Rat der Stadt Luzern, konzipiert von Stadtschreiber Renward Cysat und ausgeführt von Hans Heinrich Wägmann und seiner Maler-Werkstatt. Diese dreieckigen Bildtafeln beinhalten wichtige und interessante Ereignisse und Aspekte der Luzerner und der Schweizer Geschichte. Im Buch von Heinz Schürmann und Klemens Vogel nehmen die grossformatigen Tafelbilder in perfekter Schärfe und detailreicher Präzision jeweils die rechte Hälfte der Doppelseite ein; links sind kurz gehaltene, prägnante Bildlegenden sowie wichtige und interessante Zusatzinformationen für ein vertieftes Wissen platziert.
Die Autoren, dankbar auch für die grosszügige Material-zur-Verfügung-Stellung von Seiten Jost Schumachers, vermerken ganz am Schluss des Buches, was für sie Hauptmotivation war, nach zwei E-Books 2016 und 2018 nun aktuell auch noch ein gedrucktes Buch zu schaffen: «Wir sind der Meinung, dass diese Bildinhalte nicht in Vergessenheit geraten dürfen.»