Sind Verkehrsdrehscheiben eine Lösung für die Zukunft?
Verkehrsdrehscheiben oder Mobilitätshubs sind gefragter denn je. Reisende steigen vom Auto auf den öV, das Velo oder auf Sharing-Angebote um. Am Mobilitätskongress diskutieren Experten darüber.
Am Mobilitätskongress 2022 vom 26. Januar im Südpol in Kriens haben Fachleute das Potenzial von Verkehrsdrehscheiben von vier Seiten betrachtet: Aus dem Blickwinkel der Technik, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Eingeladen hat Regierungsrat Fabian Peter, Vorsteher des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements des Kantons Luzern.
Vernetzen und verbinden
«Verkehrsdrehscheiben vernetzen lokale und regionale Verkehrsnetze sowie Nationalstrassen und den öffentlichen Verkehr. Sie verbinden Stadt, Agglomeration und ländliche Gebiete besser und sorgen für schnellere Verbindungen», sagte er und betonte: «Wir brauchen Strasse und Schiene als wichtige Infrastrukturen, um ein gutes Mobilitätsangebot für die Bevölkerung zu gewährleisten.» Dazu zählen insbesondere das Entlastungsprojekt Bypass und das Wachstumsprojekt Durchgangsbahnhof Luzern.
Auch für Hochschule wichtig
Für die fünfte Auflage des Mobilitätskongresses hat der Kanton mit der Hochschule Luzern und deren Kompetenzzentrum Mobilität zusammengespannt. Christine Böckelmann, Direktorin der Hochschule Luzern – Wirtschaft, hielt fest: «Die Hochschule Luzern forscht nicht nur zu diesem Thema, sondern ist auch selbst betroffen, weil ein zentraler und attraktiver Studienort ein entscheidendes Kriterium für die Hochschulwahl ist.» Gut organisierte Umsteigepunkte als Verkehrsdrehscheiben sind dafür zentral.
Kanton ist auf Kurs
Der Kanton Luzern ist in punkto Verkehrsdrehscheiben auf Kurs. Dies liess Moderatorin Sonja Hasler mit einer Erinnerung an vergangenen Herbst wieder aufleben: Bundesrätin Simonetta Sommaruga unterzeichnete im September 2021 gemeinsam mit Vertretern von Kantonen und Gemeinden die «Erklärung von Emmenbrücke» zur Förderung von Verkehrsdrehscheiben.
Wegen seiner Vorbildfunktion wurde Emmenbrücke als Standort gewählt. Einen Blick auch über die Kantonsgrenze hinaus warfen Michel Berchtold, Leiter Region Mitte der SBB, und Judith Häberli, CEO und Co-Founder Urban Connect AG. Michel Berchtold erklärte, was es für einen funktionierenden Mobilitätshub aus Sicht der SBB benötigt. Der geplante Bahnhof Rotkreuz 2028 gibt dazu ein gutes Beispiel.
In einem Kurztalk mit Moderatorin Sonja Hasler stellte Judith Häberli die multimodale Plattform für eine klimaneutrale Firmenmobilität vor. Diese kommt bei Roche in Rotkreuz zur Anwendung.
Durchgangsbahnhof als Hub
Der Durchgangsbahnhof Luzern soll dereinst als zeitgemässer Hub funktionieren. Ulrich Seewer, Vizedirektor des Bundesamts für Raumentwicklung, zeigte auf, was aus Sicht des Bundes bei der Planung von Verkehrsdrehscheiben berücksichtigt werden muss. An Schlüsselprojekte wie den Durchgangsbahnhof Luzern hat die Agglomeration auch ihre Anforderungen.
Armin Camenzind, Geschäftsführer von LuzernPlus, betonte im Kurztalk mit Sonja Hasler, dass der öffentliche Verkehr möglichst attraktiv sein muss, damit verschiedene Verkehrsmittel miteinander kombiniert werden.
Beispiel aus der Praxis
Am diesjährigen Mobilitätskongress kam die Wissenschaft nicht zu kurz: Die beiden HSLU-Dozenten Widar von Arx und Timo Ohnmacht fassten in ihrem Beitrag die Umsteigebereitschaft an Mobilitätshubs ins Auge. Ihre Schlussfolgerung: «Mobilitätshubs müssen mehr als nur die Konnektivität des öffentlichen Verkehrs verbessern und eine gute Veloinfrastruktur anbieten. Es benötigt eine flankierende Regulierung des Autoverkehrs in den Städten. Erst so können Mobilitätshubs auch einen Beitrag für die Verkehrswende und die Klimaziele leisten.»
Philipp Antoni, Co-Founder von notime, spannte den Bogen weiter und erzählte aus der Praxis. In seinem Referat gab er einen spannenden Einblick in die Logistikwelt. Wie werden Pakete von A nach B gebracht und wozu dienen in diesem Bereich «Hubs»? Insbesondere das Model «SameDay Delivery», das eine Lieferung am Tag der Bestellaufgabe verspricht, überzeugt die Kundschaft.
Erste hybride Durchführung
Der fünfte Mobilitätskongress wurde coronabedingt von 2021 in dieses Jahr verschoben. Neu wurde er via Livestream übertragen. Insgesamt haben rund 170 Vertreterinnen und Vertreter aus der Zentralschweizer Wirtschaft, von Verbänden, Behörden, Politik und weitere Interessierte diese Möglichkeit wahrgenommen.
Im Südpol referierten die Expertinnen und Experten vor rund 100 Personen. Auf das Netzwerk-Apéro wurde aus epidemiologischen Gründen verzichtet. Auf der Webseite www.mobilitaetskongress.ch wird die diesjährige Ausgabe wiederum digital zur Verfügung gestellt.
Mobilität und Klima
Welchen Einfluss hat die Mobilität auf den Klimawandel? Auf der Webseite www.luzern-wird-klimaneutral.ch werden in den nächsten Tagen weitere Fragen zum Themenbereich Mobilität und Klimawandel im Kanton Luzern aufgeschaltet.
Seit Mitte November werden laufend neue Fragen zu verschiedenen Themen für die interessierte Luzerner Bevölkerung bereitgestellt. Ziel ist es, grundlegende Informationen zum Klimawandel im Kanton Luzern zu vermitteln und die Bevölkerung für die verschiedenen Aspekte des Themas zu sensibilisieren.