Sursee träumt von eigenem «Magglingen»
In der Region sollen Leistungszentren für den Nachwuchs- und Spitzensport entstehen. Wie der Breiten- und Schulsport davon profitieren kann, erklärt Architekt und Projektleiter Herbert Imbach.
Herbert Imbach, in der Region Sempachersee sollen zwei Sportcluster entstehen: einer am oberen Sempachersee, einer in Sursee. So sieht es das regionale Sportanlagenkonzept vor. Welche Ziele verfolgen Sie damit?
Wir verfolgen zwei Ansätze: Mit der Ansiedlung von überregionalen Leistungszentren für den Nachwuchs- und Spitzensport schaffen wir die Voraussetzung für neue Finanzierungs- und Betriebsmodelle von neuen Sportanlagen. Andererseits sollen die zukünftigen Raumbedürfnisse der Gemeinden und der Schulen zur Stärkung der Sportcluster miteinbezogen werden. Das betrifft insbesondere das Turnhallenangebot.
Also ein Magglingen in Luzern?
Genau, wobei der Sportcluster eben nicht nur die Bedürfnisse des Spitzensports befriedigen soll, sondern auch bewusst Synergien mit dem Schul- und Breitensport sucht. Dort, wo diese Synergien gegeben sind, machen auch Leistungszentren Sinn.
Wie sieht ein Sportcluster aus?
Der Cluster fasst die Sportinfrastruktur der Region zusammen. In Leistungszentren verbinden sich Nachwuchsförderung und Spitzensport mit schulischen Angeboten wie Sportschulen oder -gymnasien. Ergänzt werden die Leistungszentren durch medizinische Infrastruktur: Physiotherapie, Ernährungs-
beratung und Forschung. Eine zentrale Rolle spielt zudem die Hotellerie: Während Aus- und Weiterbildungen oder Wettkämpfen müssen mehrere hundert Sportler verpflegt und untergebracht werden können.
Braucht es für Leistungszentren zusätzliche Infrastruktur in der Region?
Zurzeit macht die Projektgruppe eine Auslegeordnung: Wie können die bestehenden Angebote und Anlagen optimal genutzt werden? Wo besteht ungenutztes Potenzial? Welche Bedürfnisse haben die Gemeinden? Wie gross sind die Kapazitäten der Hotellerie? Welche Sportverbände signalisieren Interesse, in der Region ein Leistungszentrum zu realisieren? Sobald diese Fragen geklärt sind, zeigt sich, ob und wo in der Region neue Sportanlagen und weitere Infrastrukturen sinnvoll sind.
Trotzdem: Neue Leistungszentren benötigen Platz. Platz, der in der Region immer weniger vorhanden ist. An welchen Standorten machen Leistungszentren Sinn?
Aufgrund der bereits bestehenden Infrastruktur stehen der Campus Sursee und das SPZ Nottwil im Mittelpunkt. Wir fassen aber auch andere Standorte ins Auge, sofern sie raumplanerisch und betrieblich Sinn machen. So ist es ein grosser Unterschied, ob wir über die Platzierung eines weitern Fussballplatzes mit Leichtathletikanlage sprechen oder ob es um den Standort für ein sportmedizinisches Zentrum geht.
Gibt es in der Region bestehende Sportanlagen oder -angebote, die zum Leistungszentrum ausgebaut werden können?
Oft sind es einzelne Puzzleteile, die fehlen, damit ein Verband sagt: Hier realisieren wir ein Leistungszentrum. Ein Sportgymnasium, sportpsychologische Angebote oder zum Beispiel eine gedeckte Leichtathletik-Rundbahn, welche in der Schweiz einmalig wäre. Solche speziellen Elemente könnten den Ausschlag geben, ein Leistungszentrum im Raum Sursee zu realisieren.
An welche Sportarten denken Sie konkret, wenn Sie von Leistungszentren sprechen?
Im Schwimmsport haben wir das Ziel mit der neuen Halle im Campus bereits erreicht. Leichtathletik und Tennis haben sicher grosses Potenzial. Dank der bestehenden Infrastruktur in Nottwil ist auch der Behindertensport ein Thema. Aufgrund der bereits heute bestehenden polysportiven Trainingsmöglichkeiten, wäre Swiss Olympic natürlich ein optimaler Partner.
Apropos Tennis: Die Anlage in Schenkon muss in absehbarer Zeit Wohnungen weichen. Welche Perspektiven sehen Sie für das regionale Tennis im Rahmen des Sportclusters?
Tennis ist ein gutes Beispiel: Der Platzbedarf solcher Anlagen ist enorm, die Kosten insbesondere die Grundstückspreise, machen es schwierig, neue Tennisanlagen zu bauen. Sie sehen: Hinter neuen Tennisanlagen braucht es ein grösseres Bedürfnis als nur jene der hiesigen Tennisclubs. Anders sieht es aber aus, wenn wir mit einem Leistungszentrum die Bedürfnisse der regionalen Clubs abdecken und gleichzeitig ein Projekt von überregionaler Ausstrahlung verwirklichen können. Damit ergäben sich neue Finanzierungsmöglichkeiten, die auch attraktiv wären für die beteiligten Gemeinden.
Welche Chancen haben Sportarten wie Skateboarden? Die Swiss Skateboard Association hat vor Kurzem Interesse an einem nationalen Förderzentrum in der Region bekundet.
Ein Förderzentrum fürs Skateboarden hat eine Chance, wenn wir mit der Infrastruktur auch die Bedürfnisse der Gemeinden berücksichtigen können und sich Synergien erschliessen. Ein Förderzentrum exklusiv für Skateboarder dürfte nicht realisierbar sein.
Gibt es andere Verbände, die Interesse an einem Leistungszentrum in Sursee bekundet haben?
Im Gespräch mit Sportverbänden stiessen wir bisher selten auf verschlossene Türen. Aktuell führen wir intensive Abklärungen, für offizielle Bekundungen ist es noch zu früh.
Müssen Vereine befürchten, dass die Bedürfnisse ihrer Breitensportler künftig hinter denen des Leistungssports zurückstehen müssen?
Nein, das Schwimmzentrum in der Sportarena des Campus Sursee beweist sogar das Gegenteil: Der Leistungssport ermöglicht dem Schul- und Breitensport ein Angebot, das er sonst nicht hätte. Im Idealfall hilft das eine dem anderen.
Die Kosten für die Sportarena des Campus belaufen sich auf 58 Millionen Franken. Wer finanziert und betreibt die Leistungszentren des Sportclusters?
Als Kooperationsmodell stehen Public- Private-Partnership-Modelle im Vordergrund. Wir gehen davon aus, dass sich neben den Verbänden auch Gemeinden, Kanton und Bund finanziell beteiligen. Von privater Seite sind unterschiedliche Investoren denkbar, von lokalen bis national tätigen Unternehmen. Für den Betrieb braucht es letztlich Betriebsgesellschaften.
Bis wann wollen Sie erste Zusagen von Sportverbänden haben?
Das Projekt ist Anfang Januar gestartet, aktuell machen wir eine Auslegeordnung. Unser erklärtes Ziel ist es, in den nächsten anderthalb Jahren in mindestens ein bis zwei Handlungsfeldern konkrete Machbarkeitsstudien und Betriebskonzepte zu erstellen sowie eine Vereinbarung mit einer entsprechenden Trägerschaft abzuschliessen. Bis zur Umsetzung kann es mehrere Jahre dauern.
Herbert Imbach ist Architekt und Inhaber von Imbach Baukommunikation in Zürich. Er arbeitet im Mandatsverhältnis für den Regionalen Entwicklungsträger Sursee-Mittelland (RET). Das Projekt «Sportanlagenplanung Region Sursee» ging aus dem Regionalen Sportanlagenkonzept (Resak) des RET hervor. In der Steuergruppe des Projekts sind der RET, die Sursee-Plus-Gemeinden und Nottwil sowie der Campus Sursee und das Schweizer Paraplegiker-Zentrum vertreten. |