Die Gründerin des Geburtshauses Terra Alta, Renate Ruckstuhl (links), und die Geschäftsführerin der Soorser Bier AG, Karin Wagemann, im «Persönlich»-Gespräch mit Christian Zeugin. Foto Daniel Zumbühl
Die Gründerin des Geburtshauses Terra Alta, Renate Ruckstuhl (links), und die Geschäftsführerin der Soorser Bier AG, Karin Wagemann, im «Persönlich»-Gespräch mit Christian Zeugin. Foto Daniel Zumbühl
07.04.2019

Zwei «Macherinnen» gaben Einblick in ihr Leben

Was haben Geburtshilfe und Bierbrauen gemeinsam? Dieser und anderen Fragen spürte die Radiosendung «Persönlich» nach, die am Sonntag aus dem Stadttheater Sursee live übertragen wurde. Red und Antwort standen die Hebamme Renate Ruckstuhl und die Soorser-Bier-Chefin Karin Wagemann.

Schon eine halbe Stunde vor dem Beginn der Radio-SRF-1-Talksendung «Persönlich» hat sich das Parterre des Stadttheaters Sursee bis auf einige wenige Plätze mit einem erwartungsvollen Publikum gefüllt. Moderator Christian Zeugin führt eine Viertelstunde vor Sendestart, quasi als Training, einen Small Talk mit den beiden Gästen, der Hebamme und Gründerin des Geburtshauses Terra Alta, Renate Ruckstuhl, und der Diplom-Biersommelière und Geschäftsführerin der Soorser Bier AG, Karin Wagemann. Dabei erfahren die Zuhörer unter anderem, dass Renate Ruckstuhl gar kein Bier mag, sondern lieber Wein trinkt. Oder dass die Gründung der Surseer Kleinbrauerei mindestens so anstrengend war wie eine Geburt.

Zwei besondere Lebensgeschichten

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Dann, unmittelbar nach den 10-Uhr-Nachrichten, gilts ernst: Die «Persönlich»-Melodie erklingt, und Zeugin begrüsst neben jenem im Theatersaal auch das Publikum in der ganzen Deutschschweiz, das die Livesendung über den Äther mitverfolgt. Er verspricht, dass es zwei interessante Frauen mit zwei ganz besonderen Lebensgeschichten kennenzulernen gilt. Die eine, die Hebamme Renate Ruckstuhl, sagt von sich, sie habe den schönsten Beruf der Welt, habe sie in ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit doch unzähligen Kindern einen guten Übergang ins Leben ermöglichen können. Die letzte Geburt begleitete sie erst noch am vergangenen Freitag. «Die Eltern wussten bis eine halbe Stunde nach der Geburt nicht, ob es ein Bub oder ein Mädchen ist», plaudert Ruckstuhl aus dem Nähkästchen. Es war der dritte Bub, und die Bemerkung der Hebamme, dass sich der sechsjährige Bruder ein Schwesterchen gewünscht und damit gedroht habe, auszuziehen, wenn er keines bekomme, sorgt für Lacher in der Zuhörerschaft.

Karin Wagemann verrät derweil, dass sie immer Bier zuhause habe: «Mitten in der Wohnung steht ein Extra-Kühlschrank mit der Farbe Rosarot, meiner Lieblingsfarbe, der mit 80 Bieren gefüllt ist.» Die Hoheit darüber liege bei ihr: «Mein Mann fragt mich jeweils, welches Bier er aus dem Kühlschrank nehmen darf.» Wie viele Kinder sie schon ins Leben begleitete, kann Renate Ruckstuhl nicht beziffern: «Am Anfang machte ich bei jeder Geburt einen Strich, doch das gab ich bald wieder auf.» Die Hebamme schwärmt von ihrem Beruf: «Es ist en verrückter Moment, beim Start eines Lebens dabei zu sein.» Die Geburt sorge nicht nur bei den Eltern, sondern auch bei der Hebamme für einen Adrenalinschub. Sie sei froh darüber, so Renate Ruckstuhl weiter, beim Anfang des Lebens dabei zu sein und nicht beim Ende, wie dies bei ihrem Mann der Fall sei, der in der Pflege arbeite. Dass aber auch bei der Geburt Freude und Trauer nahe beieinander sein können, zeigt das Beispiel Karin Wagemanns, deren zweites Kind, ein Sohn, während der Geburt starb.  

Viele Freiheiten genossen

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Nicht weniger als 300 Babys erblicken im Oberkircher Geburtshaus Terra Alta – es ist mit 48 Angestellten eines der zwei grössten der Schweiz – jährlich das Licht der Welt. Auch zwei der drei Töchter von Karin Wagemann sind im Terra Alta zur Welt gekommen. Nach der Matura wollte auch sie Hebamme werden. «Mein erster Berufswunsch war aber Schleckstengelverkäuferin», lässt sie durchblicken. Sie entschied sich dann aber für die Sozialarbeit. Und nachdem sie ihren Mann vor elf Jahren beim Biertrinken kennengelernt und sich auf den ersten Blick in ihn verliebte hatte, wagte sie 2015 mit ihm das Abenteuer, eine Brauerei aufzubauen – und als eine der wenigen Frauen in der Schweiz eine Männerdomäne zu knacken. «Ich ging das Ganze recht naiv und locker an und lernte jeden Tag dazu», blickt Karin Wagemann auf die Startphase der Soorser Bier AG zurück. Als Geschäftsführerin einer Kleinbrauerei könne sie ihre Kreativität ausleben, sagt sie und ergänzt, dass sie bereits wieder eine Idee für eine neue Bierkreation im Köcher habe. «Unser Braumeister weiss aber noch nichts davon, und ich werde auch dem Publikum nicht verraten, was es ist», schmunzelt sie.

Interessant sind die Rückblicke in die Kindheit der beiden «Macherinnen». Während Renate Ruckstuhl in Schülen, einem Weiler zwischen Willisau und Menzberg, im Kreise einer Grossfamilie mit neun Kindern aufwuchs, war Karin Wagemann ein Einzelkind. Köstlich ist Ruckstuhls Erzählung, dass sie als Teenager mit dem Töffli nach Luzern gefahren sei, weil sie nicht gewusst habe, dass es dort auch Busse gibt, und dabei aus Versehen in die Autobahneinfahrt geraten sei. Beide Frauen betonen, dass sie in ihrer Kindheit viele Freiheiten genossen hätten. «Ich wuchs offen auf und wurde nicht kontrolliert. Wenn ich etwas haben wollte, musste ich gute Argumente bringen, dann kam ich zum Ziel», verrät Wagemann und erhält dafür vom Publikum spontanen Applaus.

Spannende Details offenbart

Die knappe Stunde des «Persönlich»-Gesprächs vergeht wie im Flug, und die Zuhörer erfahren manch andere spannende Details. Etwa, dass Renate Ruckstuhl die Hitze und den Süden liebt oder dass der Hund der Wagemanns wegen seines schokoladebraunen Fells «Porter» heisst – wie das Bier von gleicher Farbe. Nach dem Ende der Sendung stellt Zeugin seine letzte Frage, die nur die im Theatersaal Anwesenden mitbekommen: «Wann sind Sie wieder Kind?» Wenn sie ihren Enkel hüte, sagt die Hebamme. Und die Biersommelière antwortet: «Wenn ich Lust auf Gummibärchen habe. Die liebe ich nämlich!»


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