13.12.2019

Kanti sang von 1599 bis Ray Charles

von David Lienert

Wieder ein breites musikalisches Spektrum aufgefächert und das Publikum bezaubert: Das zur Tradition geronnene Weihnachtskonzert der Kanti unter der Gesamtleitung des Musiklehrers Mario Thürig stimmte musikalisch auf die kommenden Tage ein.

Der 1. Choral aus der «Suite Gothique» - auf Notenpapier gebracht vom französischen Komponisten Léon Boëllmann zur Einweihung der Kathedrale Notre-Dame im burgundischen Dijon – bildete den Auftakt zum vielfältigen Konzert: In der verdunkelten Kirche, punktgenau nach dem Verklingen des Siebenuhr-Glockenschlags der Choruhr, erklangen die getragenen Harmonien des auf der Empore platzierten Blechbläserensembles.

Ein Kontrastprogramm des Kammerchors folgte, augenzwinkernd Alt und Neu verbindend. Zuerst widmeten sich die Sängerinnen und Sänger der traditionellen Weise «Es ist ein Ros’ entprungen» von 1599 aus der Feder Michael Praetorius’. Dann gab sich der Kammerchor voller Elan einem wahren Schmankerl hin, dem von Roger Emerson arrangierten schmissigen Lied «All I Want Is Christmas For You»: Mit unprätentiös, wundervoll beiläufig eingeflochtenen Solopassagen und schnipsend unterstrichenem Rhythmus ein Ohrenschmaus.

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Enge Vorstellungen durchbrochen

Die Kanti Big Band bewies, dass allzu enge Vorstellungen, wie denn Weihnachten zu klingen habe, aufgeweicht werden können: Richel Fajardo brillierte in ihrem Soloauftritt im Ray-Charles-Song «Hallelujah I Love Her So», die Big Band untermalte die darin enthaltenen Liebesbeteuerungen gefühlvoll. Zuvor schwelgte die Big Band in «Up On The Housetop» des zeitgenössischen US-Komponisten Paul Clark. Dessen Arrangement lässt Saxophonpassagen jazzig angehaucht hervortreten.

Nicht wenig vorgenommen hatte sich das Streicherensemble mit dem 2. Satz aus der 5. Symphonie Ludwig van Beethovens, ein Werk, das hohe Anforderungen stellt, von den Streicherinnen – das Ensemble ist ausschliesslich von Schülerinnen besetzt – gekonnt gemeistert. Als Überleitung zum Auftritt des Kantichors, zumal was die Sprache angelangt, kann die Auswahl aus «Les Misérables» Claude-Michel Schönbergs angesehen werden. Schönberg schnitt sein 1980 aufgeführtes Musical, das auf dem gleichnamigen Roman «Les Misérables» Victor Hugos basiert, klar auf den französischen Musikgeschmack zu: Franzosen bevorzugen nicht selten liebliche Passagen und gefühlvolle Harmonien; die Streicherinnen liefen hier zur Hochform auf. «Les Misérables» gehört in Frankreich ohnehin zur Standard-Schullektüre. Der Autor zeichnet darin die innere Wandlung des ehemaligen Sträflings Jean Valjean nach.

Zu einem Chor verschmolzen

Um ein Gross-und Stark-Werden geht es auch in «Les Choristes» oder «Die Kinder des Monsieur Mathieu»: Der in Frankreich 2004 äusserst populäre Kinofilm reisst den Zuschauer mit, weil die Problemjungs im Internat, die mit Singen vorerst nichts beginnen können, unaufhaltsam zu einem beeindruckenden Chor verschmelzen. Der Musiker Clément Mathieu, im Internat vorerst als Aufseher angestellt, kann bei den Jungs mit seiner Beharrlichkeit Faszination für das Singen wecken.


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