06.04.2021

Surseer Theologe Hans Küng ist verstorben

von Dominique Moccand

Der weltbekannte Theologe und Kirchenkritiker Hans Küng ist im Alter von 93 Jahren in Tübingen verstorben. Er war bis heute der erste und einzige Ehrenbürger von Sursee.

Der gebürtige Surseer Theologe Hans Küng verstarb am Dienstag im Alter von 93 Jahren. Dies teilte die Stiftung Weltethos in Tübingen mit. Hans Küng war Gründer und langjähriger Präsident der Stiftung. «Mit Hans Küng verlieren wir den charismatischen und menschlich beeindruckenden Gründer der Stiftung und einen visionären Vordenker für eine gerechtere und friedlichere Welt», lässt sich Eberhard Stilz, Präsident der Stiftung Weltethos, in einer Mitteilung zitieren.

Hans Küng wuchs im Schuhaus Küng am Surseer Rathausplatz auf. Unter anderem engagierte er sich zusammen mit Otto Wüst, dem späteren Bischof von Basel, in der Jungwacht. Von 1948 bis 1955 studierte Küng Philosophie und Theologie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom, 1954 wurde er zum Priester geweiht.

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Für sein Lebenswerk in Ethik ernannte die Gemeindeversammlung von Sursee Hans Küng im Mai 1998 zum ersten und bislang einzigen Ehrenbürger der Surenstadt. Der damalige Stadtpräsident Remo Casserini überreichte Küng anlässlich seiner 70. Geburtstagsfeier im Rathaus die Ehrenbürger-Urkunde.

Anlässlich der Feier seines 70. Geburtstags im Juni 1998 erhielt Hans Küng nicht nur die erste Ehrenbürger-Urkunde der Stadt Sursee, sondern von der katholischen Kirchgemeinde auch das Faksimile eines Wappensteins aus dem Murihof überreicht. (Foto Archiv Surseer Woche)

Bis ins hohe Alter kehrte Hans Küng jährlich für einige Woche in seine Heimatstadt zurück, die einen besonderen Platz in seinem Herzen einnahm. So gab er 2006 gegenüber unserer Zeitung zu Protokoll: «Zunächst ist und bleibt Sursee meine Heimat, und der Platz am See mein liebster Flecken auf Erden. Nachdem ich Tag für Tag stundenlang auf Papier starren muss, ist es für meine Augen geradezu eine Erfrischung, immer wieder hinauszuschauen auf den See und, sofern man sie sieht, in die Berge. Ich beobachte sehr aufmerksam alles, was in der Natur geschieht, die Tiere im Garten und besonders die verschiedenen Wasservögel, die mir auch beim Schwimmen Spass machen. Ich kann mich im Seehaus ausgezeichnet erholen und zugleich intensiv arbeiten, denn die Arbeit ist mein Hobby.»

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Bis ins hohe Alter kehrte Hans Küng jährlich für einige Woche in seine Heimatstadt am Sempachersee zurück. (Foto zVg/Archiv)

Hoffnung auf Rehabilitation

Mit seinem umfangreichen theologischen Schaffen und Wirken kritisierte Hans Küng auch Strukturen der katholischen Kirche und die Unfehlbarkeit des päpstlichen Lehramts. Aufgrund seiner Kritik entzog ihm die Deutsche Bischofskonferenz Ende 1979 die kirchliche Lehrerlaubnis.

Auch in unserer Zeitung äusserte sich Küng wiederholt pointiert, unter anderem zum Priestermangel in der katholischen Kirche. So hielt er 2007 in einem Interview fest: «Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hält man stur am Zölibat fest. Dadurch verlor und verliert die Kirche tausende von Priestern. Stattdessen wird dauernd an die Kirchgemeinden appelliert, für den Priesterberuf zu beten. Das ist ja schon fast beleidigend. Wenn jemand seine Aufgaben gemacht hat, sind es die Pfarreien.»

Zum 90. Geburtstag von Hans Küng 2018 reiste Sursees alt Stadtpräsident Beat Leu mit seiner Frau Ursula nach Tübingen, um offizielle Gratulationen und einen Brief zu überbringen. Darin bat die Stadt Papst Franziskus, den Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis rückgängig zu machen und Küng zu rehabilitieren.

Sursees Stadtpräsident Beat Leu gratulierte Hans Küng im März 2018 persönlich zu seinem 90. Geburtstag. (Foto zVg/Archiv)

Projekt «Weltethos» begleitete ihn

Schon früh sah Hans Küng die Notwendigkeit eines Ethos für die Menschheit. Durch Studien, Reisen in alle grossen Kultur-und Wirtschaftsräume sowie durch Begegnungen mit Menschen verschiedener Religionen drängte sich ihm die Frage nach gemeinsamen ethischen Standards immer mehr auf.

«Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden. Kein Religionsfrieden ohne Religionsdialog. Kein Überleben ohne Weltethos.» Mit diesen Sätzen umriss Hans Küng die Programmatik seines Projekts «Weltethos», das vor über drei Jahrzehnten seinen Anfang nahm und ihn bis zu seinem Tod am Dienstag dieser Woche begleitete.


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