24.10.2020

Das Urchige passt ins Ländliche

von Thomas Stillhart

Im «Urchig» in Kulmerau erleben Besucher Tradition pur. 2015 übernahmen Brigitte und Robi Gander das Lokal. Der gelernte Käser näherte sich dem Tourismus an.   

Kegeln auf einer tückischen Holzbahn und Nageln mit einem schrägen Hammer. Im «Urchig» in Kulmerau tauchen Gäste in eine Heidi-Schweiz ein, die jedoch Überraschungen bereithält und bei der Mitmachen zum Plausch wird. Dieses Konzept kam in den vergangenen fünf Jahren bei Vereinen und Geschäften an. «Vor dem Lockdown begrüssten wir 100 bis 150 Gruppen im Jahr», verrät Robi Gander. Auch 2020 wäre ein sehr gutes Jahr geworden. Seit dem Frühling leidet die Eventbranche jedoch sehr.

Gander bleibt optimistisch

«Jetzt ist tote Hose.» Vergangen Woche begrüsste er eine Gruppe von rund 30 Personen. «Grosse Konzerne besuchen uns aber in den nächsten Monaten nicht.» Jammern möchte der gebürtige Nidwaldner nicht. «Es ist, wie es ist. Wir werden einen Weg finden.» Mit seiner Frau Brigitte, die er an der Fasnacht kennenlernte, richtete er sein Büro im Obergeschoss des «Urchig» ein. Hier kümmert er sich um die eintröpfelnden Buchungen und möchte die positiven Aspekte herausstreichen. «Wir optimierten etwa unsere Homepage.» Er betont, wie vergleichsweise gut es die Schweiz auch in der Krise hat, «denn ich habe im Ausland viel gesehen und viel erlebt.»

aaa

«Wir verwenden nur lokale oder regionale Produkte.»
Robi Gander, Gastwirt im «Urchig» in Kulmerau

Robi Gander stammt aus Beckenried. Er lernte Käser, schloss die Handelsschule ab und arbeitete im Winter am Skilift in Arosa. Dann diente er zwei Jahre dem Papst in Rom, ging «zAlp» und später ein Jahr nach Genf. «Das Ziel war immer, Sprachen zu lernen», blickt der 57-Jährige zurück. Langsam näherte er sich in seinem Berufsleben dem Tourismus an.

Dank der «Tierwelt» in Kulmerau

Im Hotel Royal in Luzern, wo er an der Réception arbeitete, traf er einen Auslandschweizer, der ihn nach London ins Soho lotste. Aus drei Monaten wurde ein Jahr. Nach seiner Rückkehr schloss er die Tourismusfachschule ab und arbeitete zehn Jahre für die Rigi-Bahnen. Hier begann Robi Gander, Anlässe wie eine Schlittel-Trophy anzubieten. Events zu organisieren wurde zu seiner Leidenschaft. 2006 machte er sich mit seiner Frau Brigitte selbstständig. Gander Event GmbH heisst seither seine Firma.

Mitte der 2010er-Jahre wuchs bei Ganders das Bedürfnis, Wurzeln zu schlagen. «Wir abonnierten die Tierwelt und suchten ein geeignetes Lokal», erzählt Robi Gander, der mit seiner Frau und den zwei Söhnen in Michaelskreuz oberhalb Root wohnt. Per Zufall sei er so auf den ehemaligen Landgasthof Sonne in Kulmerau gestossen.

bbb

«Es ist, wie es ist. Wir werden einen Weg finden.»
Robi Gander, Gastwirt im «Urchig» in Kulmerau

«Wow», war ihre erste Reaktion. «Wir überlegten nicht lange und sagten uns: Go for it.» Das Bauchgefühl sei richtig gewesen, obwohl die Umbau- und Renovationsarbeiten umfangreicher wurden als geplant. Die «Sonne» verwandelte sich in eine noch heimeligere Stube inklusive Kachelofen und vielen Nischen mit Details. «Das alles wurde möglich dank der sehr guten Zusammenarbeit mit der Trisa, der Besitzerin des Lokals», lobt Robi Gander.

Alle sind gleich und per Du

Das Bijoux mit Ballenberg-Atmosphäre begeistert seit der Eröffnung 2015 zahlreiche Gäste – von zehn bis 140 Personen. «Vertreter von internationalen Firmen stehen auf die schweizerischen Traditionen», weiss Gander. «Wir müssen uns mit unseren natürlichen Schönheiten verkaufen .» Die Devise laute, im «Urchig» seien alle gleich und auf dieser Höhe per Du.

Überzeugt ist der erfahrene Eventprofi von der Wirkung von Firmenanlässen. «An solchen Anlässen kommen die Mitarbeiter näher und runter.» Bei der Stubete im «Urchig» habe er erlebt, wie gestandene Chefs und ausländische Topshots abgehen. Auch Gölä gefiel es in dieser urchigen Umgebung.

Kulmerauer jodeln mit

Die Älpler-Kilbi – sieben Disziplinen wie Kegeln oder Nageln – ist fester Bestandteil des Programms. Die Gäste essen Älplermagronen in Schüsseln serviert wie anno dazumal. «Wir verwenden nur lokale oder regionale Produkte.» Lisbeth Arnold jodelt, Koni Flühler spielt Alphorn, Hans Helfenstein macht die Umgebung. Alle drei sind Kulmerauer. «Wir haben es mit unseren Nachbarn sehr gut», erzählt Gander. Einheimische Vereine seien übrigens im Eventlokal willkommen. «Wenn sie ihre GV bei uns abholten wollen, finden wir eine Lösung.»

Und er kann seinen ursprünglich gelernten Beruf ausüben. Er produziert über dem Feuer den Frischkäse «Urchig» mit Kräutern aus dem eigenen Garten. 


Schon gelesen?

Anzeigen

Zum E-Paper

Lesen Sie unser wöchentlich erscheinendes E-Paper und tauchen Sie ein in spannende Reportagen, Politkrimis und erfahren Sie das Neuste aus Ihrer Gemeinde.

zum ePaper

Meistgelesen

Instagram