04.08.2020

Sie fliegen beinahe über den Sempachersee

von Thomas Stillhart

Die auf dem Sempachersee neue Sportart «Windfoilen» sorgt für «Wow-Reaktionen». Wie fliegen die Windfoiler über den See?, fragen sich alle. Christian Berner antwortet.

Das Geheimnis liegt unterhalb des Bretts und heisst Mast. Er ist rund 85 cm lang. An ihm hängt eine flügelähnliche Konstruktion. «Hier sind ein Auftriebsflügel und ein Stabilisatorflügel angemacht. Sie sind messerscharf und sorgen für den Auftrieb», erklärt Christian Berner. Die ganze Konstruktion unterhalb des Bretts wird auch «Hydrofoil» genannt. 

Breiteres, aber kürzeres Brett

Die Tragfläche des Auftriebsflügels entwickelt durch das drunter und drüber strömende Wasser eine starke Auftriebskraft. Die beiden Flügel bestehen aus Karbon. Die Bretter sind breiter, aber kürzer als beim klassischen Windsurfen.

aaa

Der Vorteil des Windfoilen ist, dass viel weniger Wind benötigt wird als beim Windsurfen, was vor allem auf Schweizer Seen mit geringem Wind attraktiv ist. Zwei, drei Windstärken genügen, um zu gleiten.

Die Balance muss stimmen

Vor zwei Jahren entdeckte Christian Berner diese neue Sportart in Griechenland. Im Juni probierte er das Windfoilen erstmals im Urnersee aus. «Ich konnte schon fliegen, aber es war komisch instabil.» Viel Geschick beim Balancieren sei gefragt. Man müsse versuchen, im Lot zu bleiben.

Helm tragen ist von Vorteil

Windsurferfahrungen halfen ihm, in kurzer Zeit erste Erfolge zu haben. Doch das Windfoilen ist – zumindest am Anfang - sehr anstrengend. «Ich fühle mich nach jeder Session wie nach zwölf Runden Boxen. Die Stürze sind heftig.» Blaue Flecken inklusive. Helm tragen von Vorteil.

bbb

Der 45-jährige Surseer erklärt den Ablauf beim Start:  «Ich steige mit dem Brett, dem Segel und dem Mast ins Wasser. Dann stehe ich auf das Brett, reisse drei- bis viermal am Segel und pumpe mit dem Brett.»

Mit Tempo in die Luft

Anders gesagt: «Sobald man Geschwindigkeit im Wasser bekommt, entsteht durch die über das Profil gleitende Strömung Auftrieb, der einen dann nach oben hebt.»

Dank der geringen benötigten Windstärke kehrte Christian Berner, der eine lange Erfahrung mit dem Windsurfen hat, nach mehreren Jahren Pause diesen Sommer wieder mit einem Brett zurück auf den Sempachersee. Die Leute auf dem See staunten, wie er über das Wasser flog. «Wow, er fliegt», hörte er immer wieder.

Noch sieht sich Christian Berner als Anfänger, doch stürze er bereits viel weniger oft als zu Beginn des Sommers. Auf dem Sempachersee fliegen derzeit wenige über das Wasser. «Die Szene ist noch klein, wächst aber relativ schnell», ist er überzeugt. Auftrieb erhält der Sportart auch die erste Teilnahme an den olympischen Spielen 2024. Den Boom bremsen derzeit noch Lieferschwierigkeiten des Materials, das aus Thailand eingeflogen wird.

Erste Tricks üben

Christian Berner tummelt sich derweil weiter auf dem See. «Ich möchte nun erste Tricks üben. Das wird eine neue Herausforderung», sagt er und träumt von weiteren Flügen über den Sempachersee… 

Info

Wie alles begann

Auch wenn die Bezeichnung Foil beim Segeln, Kiten und Windsurfen erst wenige Jahre jung ist, entstand die Idee im Schiffbau zu Zeiten Kaiser Wilhelm II. Um 1900 wurden die ersten Tragflügelboote entwickelt und gebaut. Auch Streitkräfte diverser Nationen griffen immer wieder auf die Aussergewöhnliche Technologie zurück, ehe sie etwas in Vergessenheit geriet. Zurück in die breite Aufmerksamkeit schaffte es Foil durch den Erfolg im Segelsport.  red


Schon gelesen?

Anzeigen

Zum E-Paper

Lesen Sie unser wöchentlich erscheinendes E-Paper und tauchen Sie ein in spannende Reportagen, Politkrimis und erfahren Sie das Neuste aus Ihrer Gemeinde.

zum ePaper

Meistgelesen

Instagram