16.10.2020

Jetzt können wilde Tiere unten durch

von Thomas Stillhart

Der Wildtierkorridor bei der Autobahn in Knutwil steht seit dieser Woche. Jetzt werden die Eingänge noch bepflanzt. Auf der Kantonsstrasse Knutwil-Uffikon könnte noch eine Wildtierwarnanlage montiert werden. 

«Es wird einen Öffentlichkeitsanlass geben, an dem wir hoffentlich erfolgreiche Resultate zeigen können», versprach Peter Ulmann. Denn sonst ist der Bereich der Wildtierunterführung Sperrgebiet für Menschen. Weder Bräteln, noch Hündelen sind erlaubt. Der Abteilungsleiter Natur, Jagd und Fischerei des Kantons konnte am Freitag jedoch kein Datum für den «Tag der offenen Unterführung» nennen. Erst einmal müssen mehr als der bisher gesichtete Fuchs und die zwei beobachteten Katzen die 32,5 Meter Länge überqueren.   

Wild muss unten durch

Das Bundesamt für Strassen lud den Gemeinderat von Knutwil und Dagmersellen sowie Vertreter der Jagd und der Medien zu einem Augenschein vor Ort ein. Projektleiter Franz Koch fasste zusammen: «Die Wildtierunterführung ist 33,5 Meter lang, 32 Meter breit und 5,5 Meter hoch.» Im Kanton Luzern sind drei Wildtierkorridore bei Autobahnen geplant. Knutwil ist nun der erste fertig erstellte. 

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«Die Wildtierunterführung wird angenommen.»
Franz Koch, Projektleiter Bundesamt für Strassen

Während in Langnau bei Reiden und in Neuenkirch die Wildtiere über die Autobahn wandern können, müssen sie in Knutwil unten durch. Ein frei gelegtes Bächli begleitet sie dabei und die beiden Eingänge sind belichtet. Ansonsten ist die Unterführung bis jetzt noch ziemlich kahl, doch am Freitagnachmittag kam der Gärtner vorbei.

«Der Bau ist unser Auftrag»

Er bekam den Auftrag, Stein- und Asthaufen sowie Wurzelstöcke zu platzieren. Wildhecken im Aussenbereich folgen. «So haben die Wildtiere Versteckmöglichkeiten», erzählte Franz Koch und gab sich überzeugt: «Ich bin sicher, die Wildtierunterführung wird angenommen.» Ihm sei bewusst, dass die Kosten vom 8,5 Millionen eine schöne Stange Geld seien. «Der Bau von Wildtierkorridoren ist aber unser Auftrag.»

«Knutwil ist eine Schlüsselstelle und eine wichtige Wechselstrecke des Wildes.»
Peter Ulmann, Abteilungsleiter Natur, Jagd und Fischerei

Peter Ulmann pflichtete ihm bei. «Die Rehe, Gämsen, Wildsauen und Hirsche haben extrem wenige Passagen bei den Autobahnen.» Auch Iltis, Hermelin, Dachs und Steinmarder sind Potentialarten, die unten durchkönnten. Er sei sehr dankbar für das Engagement des Bundesamts für Strassen. «Knutwil ist eine Schlüsselstelle und eine wichtige Wechselstrecke des Wildes.» Ihm sei jedoch klar: «Damit ist es noch nicht getan. Der Kanton muss die ganze Wildtierwanderachse Surental–Wauwilermoos auf Generationen offen halten.»

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Weitere Durchgänge 

Beim Kanton bestehe eine grosse Motivation, weitere Durchgänge zu ermöglichen. Eine liegt in unmittelbarer Nähe der neuen Wildtierüberführung. Auf der Kantonsstrasse Knutwil-Uffikon registriert die Jagdgesellschaft Knutwil eine sehr hohe, aber auch von Saison zu Saison stark schwankende Anzahl von Fallwild. Daher war es Obmann Joseph Rütter ein besonderes Anliegen, dass auf diese Wildbarriere auch ein Auge geworfen wird (siehe Kasten). 

Wildtierbiologe Antonio Righetti fungiert als Berater des Bundesamts.  Er weiss aus Erfahrung, dass der Autobahnlärm das Wild weniger bremst als die Sicht auf die Autobahn. «Deshalb gibt es einen Blendschutz für die Nacht, wenn die Autolichter Tiere blenden würden.» Auch er betonte: «Die Wildtierunterführung wird funktionieren.»

Die Wildsau hat zwei Medaillen

In der Fragerunde thematisierte Peter Ulmann die Wildsau, die nicht von allen mit Sympathie überhäuft wird. «Im Kanton Luzern gab es immer wieder Wildschweine. Ausgebreitet haben sie sich aber nicht.» Klar verbessere die Wildtierunterführung auch ihre Bewegungsfreiheit. Mit Hinweis auf die kürzlich abgehaltene Abstimmung über den Wolf wollte er sich jedoch nicht in eine Diskussion einlassen. Nur so viel: «Jede Medaille hat zwei Seiten.

Weiter beschrieb Franz Koch die Funktion der ebenfalls neu gebauten Strassenabwasserbehandlungsanlage (kurz: Saba). Sie säubert Wasser von einer Autobahnfläche von 5,1 ha, kostete 2,3 Millionen Franken. Die Saba besteht im Wesentlichen aus einem Absetzbecken, einem bepflanzten Retentionsfilterbecken, den verschiedenen Leitungen samt Schächten, einer Interventionsmöglichkeit im Störfall sowie einem Zufahrts- und Unterhaltsweg. 

Info

Und auf der Kantonsstrasse Knutwil–Uffikon?

Bund und Kanton sprachen Wildwechsel auf der Kantonsstrasse Knutwil–Uffikon, erzählten Peter Ulmann und Franz Koch. «Wir beobachten die Situation und stellen bei Bedarf eine Wildtierwarnanlage auf.» Ursprünglich beantragte er zu Handen der Dienststelle Verkehr und Infrastruktur vif, die Geschwindigkeit (heute 80 km/h) zu senken. Sein Antrag fand kein Gehör. «Dies wäre deutlich günstiger gewesen als eine Wildtierwarnanlage», ergänzte Ulmann. 

Bevor der Kanton eine Wildtierwarnanlage aufstellt, dem Vernehmen nach kostet eine solche rund 100’000 Franken, möchte er die Gewissheit, dass der Langdistanzwechsel Surental–Wauwilermoos durch den Wildtierkorridor Knutwil aktiviert ist, erklärte Peter Ulmann auf Anfrage.

Die Fotofallen, die beim Wildtierkorridor Knutwil stehen, helfen dabei. Sie müssen mindestens jeden Monat geleert werden. Zudem löscht das verantwortliche Bundesamt für Strassen Fotos mit Personen aus datenschutztechnischen Gründen sofort. Falls die Fotos eine steigende Zahl von Wildtieren dokumentieren und bei der Kantonsstrasse ebenfalls steigende Wanderbewegungen auftreten, überlegt sich Peter Ulmann nach Ablauf von mindestens drei Monaten, ob er beim vif die Wildtierwarnanlage beantragt. 

Diese Anlage funktioniert so: Wenn ein Wild die Kantonsstrasse überquert, erkennen das Bewegungsmelder. Diese aktivieren elektronisch leuchtende Warndreiecke mit der Aufschrift «Wildtiere in der Nähe.» Die Autofahrer drosseln ihr Tempo und die Wildtiere können im besten Fall die Kantonsstrasse ungehindert passieren. 


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