25.04.2021

«Sie vermissten uns, wir vermissten sie»

von Thomas Stillhart

Der grosse Nachholbedarf ist im Städtli Sursee allgegenwärtig. Die Gäste strömen auf die Terrassen. Sie sind hungrig und durstig, geduldig und verständnisvoll. 

Samstagabend, 24. April, nach dem vier Monate keine Ausgänger das Wochenende feierten. Im Städtli Sursee sind drei Viertel der Terrassen offen. Vor allem die Gastrobetriebe auf der oberen Seite profitieren von den temporär gelockerten Bestuhlungsregeln der Stadt Sursee. Das Stadtcafé tischt neu entlang der Fensterfront auf. El Mosquito und Craftwerk teilen sich die Parkplätze Richtung Marienbrunnen auf. 

Corona sitzt im Nacken

Die Polizei und die Securitas zeigen Präsenz, mehr nicht. Auffallend wenig Autoverkehr ist zu beobachten. Auf den Terrassen der Betriebe herrscht ein Gefühl der Erleichterung. Schon wieder tauchen Polterabend-Gruppen auf. Sie verströmen Feier- und Trinklaune. Ausgelassen ist die Stimmung aber nicht, denn die Corona-Massnahmen sitzen wohl allen noch im Nacken.  

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«Ich bin sehr zufrieden. Wir spüren den Nachholbedarf.»
Andi Stöckli, Craftwerk

Wir besuchen die Wirte und Bardamen der offenen Betriebe. Andi Stöckli vom «Craftwerk» sagt: «Ich bin sehr zufrieden, die erste Woche ist gut angelaufen. Die Leute benehmen sich. Wir spüren den Nachholbedarf.» Sieben Personen arbeiten am Samstag im Craftwerk. Stäckli vermutet, dass die Einschränkungen noch bis im August . 

Hungrig und geduldig

Gleich daneben beobachtet Christoph Nagel vom «El Mosquito» hungrige, geduldige, verständnisvolle Gäste. «Wir bekomme nur positive Feedbacks. Die Leute sind ‘giggerig’ auf das Essen draussen.» Zehn Leute stehen im Service und in der Küche im Einsatz. «Alles lebt wieder», freut sich Christoph Nagel. 

«Seit Montag wurden wir überrannt. Das Wetter stimmte.»
Lisa Niederberger, Stadtcafé

Im «Stadtcafé» hat Uschi Koller nach einem Tag Arbeit Feierabend. Lisa Niederberger nimmt sich kurz Zeit: «Heute läuft es gut, wir sind zufrieden.» Die Leute hätten den Ausgang vermisst, sie seien sehr dankbar, freundlich, zuvorkommend und glücklich. Sie und eine Kollegin servieren. «Seit Montag wurden wir überrannt. Das Wetter stimmte», erzählt Lisa Niederberger. 

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Schwierige Zeiten

Etwas ausserhalb des Städtli ist das «Schweizerheim» mit Chef Njazi Hasani. Insgesamt arbeiten momentan sechs Personen. Er meint: «Wir erleben schwierige Zeiten und sind wetterabhängig. Es macht uns aber Freude, anstatt Take-Away anzubieten, unsere Gäste bewirten zu dürfen.» Er hoffe aber, möglichst schnell wieder zur Normalität zurückkehren zu dürfen. Mit dem Samstag ist Njazi Hasani zufrieden. «Wir haben gute Gäste, die die Massnahmen einhalten. Sie sind lieber draussen, als gar nicht da.» Er fügt an: «Sie vermissten uns, wir vermissten sie.» 

«Für uns läuft es gut. Wir haben das Hotel voll. »
Caroline Faes, Hirschen

Im «Hirschen» kümmert sich Caroline Faes um die Gäste. «Für uns läuft es gut, Wir haben das Hotel voll. Viele Arbeiter übernachten und essen bei uns.» Auf der Terrasse würden die Temperaturen regeln, wie viele Leute absitzen. Zu Gute kommen dem Hirschen die Morgensonne und die Front, die Wärme gibt. «Wir hatten eine gute Woche», fasst Caroline Faes zusammen.

Begrenzter Platz 

In der «Schletzi» oder Restaurant Oberstadt zapft Martina Amacher Bier. Sie klagt: «Wir sind begrenzt im Platz auf dieser Seite des Städtli.» 18 Plätze stehen bereit. «Wenn ich eine Runde bei unseren Gästen gemacht habe, muss ich quasi warten», sagt sie. Am Samstag lief es zwar gut, aber 30 Plätze fehlten. «Ich hoffe, dass es nicht mehr lange dauert, bis wir ganz öffnen können. Der Bundesrat soll vorwärts machen.» Hoffnung hat Martina Amacher in die Zeit des autofreien Städtli, die am kommenden Wochenende beginnt: «Vielleicht können wir dann wenigstens mehr rausstuhlen.» Unverständlich ist ihr, warum man wie wild shoppen dürfe, aber die Gastrobranchen geschlossen bleiben müsse. 

«Wir hatten einen sehr guten Abend und einen schönen Tag.»
Katja Arnold, TNT Rock Bar

In einem Lokal weiter serviert Katja Arnold mit einer Kollegin in der «TNT Rock Bar». «Wir hatten einen sehr guten Abend und einen schönen Tag», schwärmt sie. Die Leute seien fleissig am Trinken. Nichts zu klagen gebe es auch über die ganze Woche seit der Öffnung. Und: «Die Leute halten Abstand. Je nach Zustand geben sie sich mehr oder weniger Mühe.» Heizpilze bezeichnet sie als Übergangslösung als eine sehr gute Idee. 

Alle vermissten Ausgang

Im renovierten «Sunset» schliesslich bedient Anita die Gäste. «Heute geht es nicht schlecht. Alle sagen, sie hätten den Ausgang vermisst.» Sie wendet aber ein: «Die Leute haben genug von den Einschränkungen.»

Um 23 Uhr müssen alle Lokale schliessen, was am Samstag zu keinerlei Problemen führt. Die Polizei nimmt sich auch Zeit und drängt sich nicht auf. Um Mitternacht sind die Gassen im Städtli abgesehen von vereinzelten Gestalten menschenleer. Schon am Sonntagmorgen lockt die Sonne wieder ins Städtli. 


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